Liebe Bäuerinnen und Bauern, liebe Landfrauen und Landjugendliche, sehr geehrte Leserinnen und Leser,
vor Jahren gab es eine Radiosendung, in der die Autorin Bärbel Mohr ihr Buch „Bestellungen beim Universum“ vorstellte. Voller Begeisterung berichtete sie von ihren Erfahrungen und wie wunderbar es gelingen würde, sich Wünsche vom Universum erfüllen zu lassen. Im ersten Moment dachte ich, wieder jemand, der mit einer schrägen Idee Menschen zum Kauf eines Buches animieren möchte. Die Vorstellung lies mich dann aber nicht los und nach genauerer Betrachtung leuchtete mir die Idee dahinter ein. Es ging darum, dass man gewünschte Veränderungen angehen und sich offen und ehrlich zur Zukunft bekennen muss.
In der aktuell schwierigen Zeit, kam mir diese Geschichte wieder in den Sinn. Das Lebenstempo von uns allen nimmt ständig zu und die Veränderungen, die auf uns einströmen, sind oft mehr, als wir verarbeiten können. Gerade auch durch Corona fühlen wir uns bisweilen wie Getriebene in einem System. Wie sehr hatten wir alle gehofft, dass wir wieder freier und mit weniger Vorsichtsmaßnahmen leben können, aber weit gefehlt. Gerade Familien mit Kindern und Jugendlichen verdienen daher unser Mitgefühl, verliert doch die Jugend spannende Jahre in ihrem Leben. Auch bei den Landfrauen vermissen wir unsere Gemeinschaft schmerzlich, denn sie gibt uns allen immer viel Halt. Die nächste Welle kommt bestimmt und die Sorge um Menschen, die uns wichtig sind, belastet unseren Alltag weiterhin.
Auch bei unseren landwirtschaftlichen Betrieben hat Corona deutliche Spuren hinterlassen. Hinzu kommen finanzielle Nöte, vor allem bei den schweinehaltenden Betrieben, die die bäuerlichen Familien an ihre Grenzen und teilweise darüber hinaus bringen. Ständig zunehmende Bürokratie, sich verändernde politische Gegebenheiten und eine Gesellschaft, mit steigenden Erwartungen an landwirtschaftlich Aktive, gibt uns das Gefühl, nicht mehr Schritt zu halten. Die Sehnsucht nach Entlastung, weniger Sorgen und mehr Akzeptanz wächst in uns, gerade auch in den weihnachtlichen Tagen.
Nun ist es wichtiger denn je, sich auf das Gute in unserem Leben zu besinnen. Haben wir doch fast alle ein Lebensumfeld, das weit weg von Ballungsräumen und nah an der Natur ist. Während des harten Lockdowns waren wir alle froh, dass wir nicht in einer anonymen Großstadtwohnung saßen. Die Lust auf Landleben hat dadurch eine Renaissance erlebt. Unser Arbeitsalltag erfuhr kaum Einschränkungen und wir hatten immer „Vorfahrt auf dem Hof“, wie es meine Schwiegermutter zu sagen pflegte. Und nicht zuletzt kann das Leben und Arbeiten im Familienclan eine echte Freude sein, die wenige andere Berufsgruppen so erleben können.
Nichtsdestotrotz will ich die Schwierigkeiten nicht kleinreden, im Gegenteil. Wir sind mehr denn je gezwungen, uns stetig neu zu orientieren und unsere Betriebe für die Zukunft auszurichten. „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“, heißt eine oft zitierte Redewendung.
Hier kommen nun die „Bestellungen ans Universum“ ins Spiel. Wenn der Wunsch nach einer echten Veränderung aufkommt, ob nun betrieblich oder im privaten Umfeld, sollten wir uns ganz konkret vorstellen, wie dies aussehen soll. Suchen wir nach einem neuen Standbein für den Hof? Hoffen wir auf mehr Freiräume und Entlastung? Oder möchten wir im familiären Miteinander ehrlich etwas ändern? Dann heißt es nun, diesen konkreten Gedanken zu formulieren und laut und klar zu kommunizieren. Bärbel Mohr schlug damals sogar vor, sich auf den Balkon zu stellen und den Wunsch laut und deutlich in die Welt hinauszurufen. Hier geht es nicht darum, dass der Nachbar alles hört, sondern im Gegenteil, dass wir selbst es ernst mit uns meinen. Durch diesen Prozess brennt sich dieser Wunsch in unser Unterbewusstsein ein, welches nun die Ideen und Chancen aus unserer täglichen Wahrnehmung herausfiltert und uns dann bewusst macht. Auf einmal lesen wir einen Bericht in einer Fachzeitschrift mit anderen Augen und erkennen eine Chance für ein neues betriebliches Standbein. Vielleicht raffen wir uns endlich auf, beim Arbeitsamt anzurufen und uns eine Arbeitskraft zu suchen. Oder wir planen nun regelmäßig Pausen ein, um für uns und unsere Familie mehr Zeit zu nehmen. Wir treten raus aus dem Hamsterrad, um den Kopf frei zu bekommen für wichtige neue betriebliche Impulse. Wenn es im Getriebe der Familie knirscht, besinnen wir uns auf ein Miteinander und bitten alle an einen Tisch oder suchen uns zur Unterstützung eine sozio-ökonomische Beratung.
Durch die bewusste Bestellung ans Universum ergeben sich neue Blickwinkel und Chancen, die wir bisher nicht sahen, weil wir uns dem Veränderungsprozess nicht offen stellten. Auf einmal können wir aktiv unsere Zukunft bauen, weil der Weg klarer vor uns liegt. Wichtig ist, den ersten Schritt zu gehen und den Mut nicht zu verlieren!
Vielleicht schaffen Sie sich auch Freiräume für ein erfüllendes Ehrenamt. Gerade zum Jahreswechsel schauen wir gerne zurück auf Vergangenes. Da ist es eine große Freude, dass sich auch unsere ehrenamtlich Engagierten im Landfrauenverband nicht entmutigen ließen und viel bewegt haben. Digitale Formate wurden ausprobiert und Kontakt über WhatsApp oder mit Postkarten gehalten. Unsere Landfrauengemeinschaft trägt uns in dieser Zeit. Wir sind sehr dankbar, dass uns unsere Mitglieder weiter die Treue halten, dafür gilt allen ein besonderer Dank!
Blicken wir miteinander, trotz aller Widrigkeiten, positiv in die Zukunft! Gerade Corona hat uns gezeigt, was im Leben wirklich wichtig ist. Vertrauen wir auf unsere innere Stärke und fassen uns ein Herz, lang gegangene Wege, wenn es denn nötig ist, zu verlassen. Ob als Verband, im Betrieb oder in der Familie, zur Gestaltung der Zukunft gehört immer Mut! Außerdem Rücksichtnahme und Vertrauen in die eigenen Stärken sowie in die Gemeinschaft, die uns in schweren Zeiten unterstützt.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen, auch im Namen des LandFrauenverband Württemberg-Hohenzollern, ein frohes Weihnachtsfest, ein paar ruhige Tage im Kreis ihrer Lieben und für 2022 alles Gute und vor allem Gesundheit für Ihre Familie, Haus und Hof.
Herzlichst
Ihre
Juliane Vees
Die gekürzte Fassung dieses Grußworts ist in BW agrar Schwäbischer Bauer vom 18.12.2021 erschienen.
Ravensburg/Berlin, 11.06.2021 – Obwohl die Trilog-Verhandlungen über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) auf EU-Ebene noch keinen Abschluss gefunden haben, hat der Bundestag gestern zentrale Gesetze zur neuen Förderperiode verabschiedet. Die besondere Lage der Frauen in der Landwirtschaft wurde lediglich in einem Entschließungsantrag der Linken thematisiert. Die Erwartung der LandFrauenverbände in Deutschland ist groß, dass in der weiteren Umsetzung der GAP konkrete Frauen-Förderprogramme folgen. Der Deutsche LandFrauenverband (dlv) fordert, dass das Thema Geschlechtergerechtigkeit in der weiteren Ausgestaltung der GAP auf Bundes- und Länderebene Eingang findet.
Eine nach wie vor völlig unzureichende Geschlechtergerechtigkeit der GAP kritisierte auch die Erste Vizepräsidentin des dlv, Juliane Vees, die am vorausgehenden Montag als Sachverständige in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses Ernährung und Landwirtschaft im Deutschen Bundestag geladen war. „Damit die GAP erfolgreich sein kann, müssen die Fördermaßnahmen auch im Sinne der Frauen nachjustiert werden. Dafür müssen aktuelle Missstände erfasst, spezifische Bedarfe abgeleitet und entsprechende Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Das ist nicht nur ein Gebot der Fairness, sondern trägt auch dazu bei, das Potential der Frauen zur Entwicklung der ländlichen Räume nutzbar zu machen. Wir brauchen beispielsweise spezielle Förderprogramme im Bereich Beratung, Coaching und Qualifizierung, um Frauen in der Landwirtschaft für die immer komplexer werdenden Herausforderungen zu rüsten“, forderte Vees im Ausschuss.
Der EU-Verordnungsentwurf zum GAP-Strategieplan sieht erstmals die Verankerung der Geschlechtergerechtigkeit vor – und zwar im Ziel h, einem von insgesamt zehn Zielen. Der dlv rechnet fest damit, dass dieses im Rahmen des Trilogs nicht mehr herausverhandelt wird und bewertet das als einen wichtigen ersten Erfolg. „Das Thema Geschlechtergerechtigkeit ist endlich auch bei der EU-Kommission angekommen. Das Gleiche erwarten wir von den Parlamentarierinnen und Parlamentariern des Deutschen Bundestages sowie von den Verwaltungen von Bund und Ländern“, erklärt dlv-Präsidentin Petra Bentkämper.
Der dlv fordert, dass sich die Geschlechtergerechtigkeit nicht nur in einem von zehn Zielen wiederfindet, sondern sich durch die gesamte GAP zieht. Deutschland schneidet im EU-Vergleich besonders schlecht ab, wenn es um den Anteil der Leiterinnen landwirtschaftlicher Betriebe, Hofnachfolgerinnen oder Existenzgründerinnen geht. Auch in den ländlich-agrarischen Gremien sind Frauen in Deutschland deutlich unterrepräsentiert – aus dlv-Sicht lediglich mit verbindlichen Quoten regelbar.
Die Statements von Juliane Vees während der Anhörung finden Sie unter folgendem Link, ab ca. Minute 27 sowie ab 1h30min: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a10_Ernaehrung_Landwirtschaft/anhoerungen#url=L2F1c3NjaHVlc3NlL2ExMF9Fcm5hZWhydW5nX0xhbmR3aXJ0c2NoYWZ0L2FuaG9lcnVuZ2VuLzg0MzQ1MC04NDM0NTA=&mod=mod578766
Engagierte Fachdiskussion über Herausforderungen der Farm-to-Fork-Strategie für Landwirtinnen. Politik muss nachjustieren.
Ravensburg/Berlin, 19.01.2021 – „Premiere gelungen!“, resümiert Petra Bentkämper, Präsidentin des Deutschen LandFrauenverbandes (dlv) das erste digitale BäuerinnenForum in der Geschichte des Verbandes, zu dem sich rund 240 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wissenschaft, Politik, dem dlv und anderen Verbänden zugeschaltet hatten. „Die Farm-to-Fork-Strategie der Europäischen Union ist ein wirklich komplexes Thema, dem wir LandFrauen uns stellen müssen. Umso erfreulicher ist die große Resonanz und diskussionsfreudige Auseinandersetzung mit der Strategie und unseren fachkompetenten Gästen beim BäuerinnenForum“, so Petra Bentkämper.
Einigkeit bestehe darin, so fasste Juliane Vees, Präsidentin des LandFrauenverbandes Württemberg-Hohenzollern und 1. Vizepräsidentin des Deutschen LandFrauenverbandes, die Diskussion beim BäuerinnenForum zusammen, dass alle miteinander eine große Verantwortung dafür trügen, das Klima zu schützen. „Bäuerinnen und Bauern brauchen aber umsetzbare Ziele, die zwingend auch honoriert werden müssen. Nachhaltigkeit als zentrale Forderung muss für die Ökologie gelten, aber ebenso für die Ökonomie sowie die soziale und gesellschaftliche Betrachtung.“
Neben einem wissenschaftlichen und einem politischen Input wurde die Frage debattiert, wie der Green New Deal und im Besonderen die Farm-to-Fork-Strategie gelingen kann. Fokussiert war die Diskussion vor allem hinsichtlich des angekündigten Zieles, die gesamte Lebensmittelkette von der Landwirtschaft über die Lebensmittelindustrie und den Handel bis hin zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu betrachten.
Weitestgehend einig waren sich die Podiumsgäste darin, dass die EU-Strategie bis 2030 Anforderungen an Klimaschutz, Pflanzenschutz, Tiergesundheit und Tierwohl sowie Verbraucherschutz formuliert. Aus Sicht der Politik, die die nordrhein-westfälische Landwirtschafts- und Umweltministerin Ursula Heinen-Esser und der brandenburgische Landwirtschafts- und Umweltminister Axel Vogel vertraten, fehlen in der Strategie detaillierte Ziele, die die verarbeitende Industrie und den Lebensmittelhandel in seiner Verantwortung adressieren und verpflichtende Maßnahmen einfordern.
Aus Sicht der Wissenschaft, hier vertreten durch Bernhard Osterburg, Leiter Stabsstellen Klima und Boden beim Thünen-Institut, stelle sich die Frage, wie die unterschiedliche Ausgangssituation der EU-Mitgliedsstaaten in diesem Prozess, klimaneutraler und umweltfreundlicher zu produzieren, bewertet wird und ob bereits erreichte Reduktionserfolge z.B. aus dem Pflanzen- und Umweltschutz im Prozess einbezogen werden.
Peter R. Müller, Geschäftsführer von Bayer CropScience, sieht die Industrie als Partner für Effizienz, digitale Technologien und künstliche Intelligenz. Zudem zeigte er Ansätze für einen künftigen CO2-Handel auf, die Einkommenschancen bieten könnten.
Für Magdalena Zelder, Landwirtin und Existenzgründerin mit Direktvermarktung, ergeben sich aus der Strategie neben klaren Chancen auch viele offene Fragen. An erster Stelle steht die Sicherstellung von Breitband für den ländlichen Raum als Voraussetzung für moderne Landwirtschaft. Hinsichtlich konkreter Forderungen der Farm-to-Fork-Strategie und ambitionierter Ziele zum Antibiotikaeinsatz sagt Magdalena Zelder: „Ich muss aber nach guter fachlicher Praxis meinen Tieren einen guten Gesundheitsstatus ermöglichen.“ Der Forderung im Strategiepapier nach mehr Biolandbau stehe Zelder offen gegenüber. Sie sehe aber klar das Problem, dass die Abnahme der dann erzeugten Produkte nicht geregelt sei und die Märkte dafür fehlten. Zudem vermisse sie Aussagen zur finanziellen Ausgestaltung der Strategie, die Landwirtinnen und Landwirten die nötige Planungssicherheit im Umbauprozess ermöglicht. „Naturschutz, Umweltschutz und Landwirtschaft“, so Magdalena Zelder, „müssen mehr miteinander arbeiten, nicht gegeneinander, denn wir haben dieselben Ziele.“
Mit Nachdruck verwies Präsidentin Juliane Vees darauf, dass die gesamte Lebensmittelkette sowie die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Verantwortung stehen, an den entsprechenden Parametern zu arbeiten. Hier müsse die EU aus Sicht der Diskutanten nachjustieren. Bezüglich der Auswirkungen auf die Praxis formulierte Vees: „Eine Folgenabschätzung im Vorfeld ist unabdingbar, nur so sind landwirtschaftliche Betriebe bereit, ihre Strukturen anzupassen und noch stärker klimatechnisch auszurichten. Planungssicherheit, wissenschaftliche Begleitung sowie Innovation sind zentrale Elemente, damit die gesamte Lebensmittelkette – vom Acker bis zum Teller – ihre Chancen in der Farm-to-Fork-Strategie erkennen.“
Ab 20. Januar 2021 ist das BäuerinnenForum 2021 im Netz abrufbar unter